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Mit einer einfachen Übung zum besseren Fotografen

Moin!

 

Fotografieren ist eine Fähigkeit, die für die meisten Fotografen nie wirklich „abgeschlossen“ ist. Es gibt immer etwas zu lernen, neue Motive zu fotografieren, neue Inspirationen führen zu neuen Ideen, die auf ihre Umsetzung warten.

 

Aber wann KANN man eigentlich fotografieren? Im Zeitalter der Smartphones kann prinzipiell jeder die Kamerafunktion aktivieren und loslegen – dass es prinzipiell möglich ist, habe ich in einem meiner ersten Blogposts ausprobiert. Trotzdem wird mir bestimmt jeder zustimmen, dass nicht jeder Schnappschuss mit dem mobilen Begleiter automatisch als „Fotografie“ bezeichnet werden kann. Ein Unterschied zwischen „Knipsen“ und „Fotografie“ ist sicher nicht zuletzt das beständige Üben der eigenen Fähigkeiten in Sachen Bearbeitung, Motivfindung, Komposition etc. Vor etwa zwei Wochen stieß ich bei YouTube auf eine interessante kleine Herausforderung von Sean Dalton, der ich mich zusammen dem Fotovogel Stephanie gestellt habe: Ihre Umsetzung kannst du auf ihrem Blog betrachten!

 

Die Regeln

 

Falls du gerade keine Möglichkeit hast, dir das Video von Sean Dalton anzusehen, erkläre ich dir hier kurz die Regeln der Aufgabe. Sie sind so einfach, dass du sie jederzeit zuhause ausprobieren kannst.

  1. Nimm ein einfaches Setting mit einem möglichst langweiligen Gegenstand – dieser ist dein „Motiv“, von dem du eine bestimmte Anzahl an Fotos (mindestens 15) aufnimmst. Ideal ist zum Beispiel eine einfarbige Kaffeetasse: da kannst du dich auf verschiedene Kompositionen konzentrieren und verlierst dich nicht darin, irgendwelche kleinen Details zu fotografieren. Eine Blume wäre daher eher ungeeignet: sie bietet zu viel „Ablenkung“.
  2. Verändere den Gegenstand so wenig wie möglich. Finde dabei möglichst viele verschiedene Perspektiven und Kompositionen. Tob dich richtig aus: nah dran, weit weg, ein Störer im Vordergrund, Draufsicht… einfach schauen, was dir so in den Sinn kommt!
  3. Probiere auch, wie das „Motiv“ mit verschiedenen Brennweiten, Blendenstufen, vielleicht auch Belichtungszeiten wirkt. Eventuell verändert sich das Licht – wie wirkt sich das aus? Das wichtigste aber bleibt: Finde verschiedene Kompositionen!

 Für die Bearbeitung habe ich mich intuitiv für schwarzweiß entschieden. An der ersten Perspektive habe ich einen „Look“ entwickelt und aus Gründen der Einheitlichkeit auf die anderen Ergebnisse gezogen, anschließend nur minimal verändert. Nun also mal ans Eingemachte – wie sehen die Ergebnisse aus?

 

 

 Perspektiven 1, 2 & 3

 

 

Nach wenig sehenswerten Aufnahmen zum Warmwerden seht ihr hier die erste Perspektive, mit der ich zufrieden war. In der Draufsicht habe ich ganz klassisch das „Motiv“ auf einen Drittelschnittpunkt gesetzt. Dabei kam mir zupass, das durch das Fenster die Sonne schien. Dadurch hat sich ein schönes Licht-Schatten-Spiel abgezeichnet. Intuitiv merkte ich, dass sich aus der Aufnahme durch Zuschnitt noch was rausholen lässt. Und siehe da: die Schattenkante ließ sich schön auf das untere Drittel setzen. Also hat das Bauchgefühl (wie so oft!) nicht getäuscht. Gegen Ende der Übung fiel mir auf, wie sehr sich das Licht verändert hat. Die Komposition ist annähernd gleich, aber die gleichmäßigere Ausleuchtung wirkt gleich viel „flacher“ und auch ein Stück weit trister, insofern man das bei diesem simplen Motiv überhaupt sagen kann. Auffallend anders ist es aber!

 

 

Perspektiven 4 & 5

 

 

Auch hier wieder eine einfache Drittelaufteilung. Ein Drittel bis zum Tassenrand, der Henkel selbst nimmt etwa ein Drittel ein, ein Drittel bleibt „Freiraum“. Das ist zwar schön harmonisch, aber durch das Gegenlicht optisch weniger attraktiv. Beim Betrachten in der Bildvorschau merkte ich, dass es besser wäre, die Seite zu wechseln. Sogleich fiel das Licht viel besser. Außerdem tat der Wechsel ins Hochformat gut, da es mehr der natürlich gegebenen Form des „Motivs“ folgt. Dadurch wirkt das Ergebnis viel harmonischer.  Zudem versuchte ich, die Goldene Spirale mittels des Henkels in der Komposition anzudeuten.

 

 

Perspektiven 6 & 7

 

 

Eine Tasse im Vordergrund im Halbschatten – klingt unspektakulär? Ist es auch. Jedoch hat mir diese Aufnahme etwas gezeigt. In der Position bemerkte ich, dass ebenfalls die Kaffee-Crema im Halbschatten war und tatsächlich ein nettes Detail bot. Also schön nah ran, das Objektiv auf 50mm gestellt, Blende 2.8 und auf dem Display erschien ein Detail, dass sich für ein schöne, dezente Lowkey-Bearbeitung anbot. Ob ich das ohne das vorhergehende unbefriedigende Foto ins Auge gefasst hätte? Vermutlich nicht. Aus diesem Grunde sollten auch die unbefriedigenden Ergebnisse gewürdigt werden – sie zeigen manchmal den Weg zu den lohnenden Shots.

 

 

Perspektiven 7 & 8

 

 

Die Sonne fiel so, dass die Tasse einen langen Schatten warf. Der lässt sich mittels Weitwinkel „überdramatisieren“ – eine sehr geringe Distanz mit kurzer Brennweite wirkt da wahre Wunder. War okay, etwas spannender fand ich dann aber, das Motiv zu abstrahieren. Indem hauptsächlich der Schatten im Fokus steht und die Tasse klar zu erkennen ist, vervollständigt das innere Auge des Betrachters das Foto. So entsteht ein kleines „Daumenkino“ bzw. es wird eine kleine Geschichte erzählt: genau das, was man mit einem Foto oftmals erreichen möchte. Auch hier wieder eine längerfristige Idee: das Motiv nicht direkt „umsetzen“, sondern eine Variation, eine Abstraktion finden, um die Fantasie des Betrachters anzuregen.

 

 

Fazit: Sinnvolle Schulung für das fotografische Auge

 

Meine Güte! Was kann man nicht über so eine olle Tasse philosophieren. Vermutlich schafft das nur die Fotografie. Unterm Strich habe ich einiges aus dieser Übung mitgenommen. Zunächst mal war es erstaunlich, was man aus so einem… nun ja, auf den ersten Blick eher sprödem Übungsaufbau herausholen kann. Aber das erfordert zumindest anfangs ein wenig Geduld, bis man sich „eingeschaut“ hat. Ein paar Aufnahmen sind nötig, um das fotografische Auge aufzuwärmen und mit der Aufgabe vertraut zu werden. Dann stellte sich der sogenannte Flow ein, plötzlich sprudelten die Ideen.

 

Trotzdem hatte ich mich zwischendurch auch mal „festgesehen“ und fühlte eine kleine Blockade. „Betriebsblind“ trifft es bestimmt auch. Dagegen hilft, den Blick einfach mal auf etwas anderes zu lenken, den Übungsaufbau verlassen, einen Schluck zu trinken und schon „lockert“ sich der Blick wieder. Überhaupt schult man in dieser Aufgabe sicher den fotografischen Blick, da man sich wirklich auf das wesentliche konzentrieren muss. Wie beim Spielen eines Instrumentes reicht aber auch nicht die einzelne Übungseinheit, sondern erst durch Wiederholung festigt sich die Fähigkeit. So wird man auch hier den meisten Nutzen für seine Fotografie haben, wenn man sich der Aufgabe von Zeit zu Zeit immer mal wieder widmet. Daher kann ich es jedem ambitioniertem Hobbyfotografen empfehlen, sozusagen an den eigenen Fundamenten des wohl schönsten Hobbies der Welt arbeiten und Freude an der Verbesserung der Bildkomposition zu entwickeln. Denn, wer eine simple Tasse spannend umsetzen kann – wie großartig werden dann erst die WIRKLICH interessanten Motive?;)

 

 

 

Was hältst du von solchen Übungen – willst du in Zukunft öfter darüber lesen, wenn ich mich an einer versucht habe? Schreib es in die Kommentare!

 

 

 

Bis zum nächsten Mal und bis dahin eine schöne Zeit!

 

 

 

Felix

 

HEIMATLICHT:MV

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    der Fotovogel (Samstag, 01 Mai 2021 18:25)

    Hallo Felix!

    Wirklich schön, wie du uns hier mitgenommen hast, in deine Gedankengänge und es sind wirklich tolle Perspektiven bei raus gekommen! Genau wie du, habe ich auch beschlossen, die Übung bei Zeiten noch einmal zu wiederholen. Ich denke, dass das volle Ausmaß dieser Aufgabe sich erst entfaltet, wenn man sich immer wieder damit auseinandersetzt. Es war mir eine Freude!

    Liebe Grüße, Stephie