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Die Alte Welt: Ruine Pansevitz (Rügen)

Der November ist für "Otto Normalbürger" eher der düstere, trübe, graue Monat, bis endlich die Vorweihnachtszeit beginnt. Aus fotografischer Sicht tauchen nun aber auch unglaublich schöne Lichtstimmungen auf. Wir erwarteten am ersten Novemberwochenende tolles Licht und fuhren spontan zur Schlossruine Pansevitz. Ein Ort, von dem ich bisher noch nie in meinem Leben etwas gehört habe. Umso erstaunter war ich, wieviel Geschichte dieser Ort zu bieten hat - vom Mittelalter bis heute veränderte sich dieser faszinierende Ort ständig.

 

Sechs Jahrhunderte Familiensitz

 

Das Schloss Pansevitz (von den Besitzern auch als "die Pansevitz" bezeichnet) wurde 1314 erstmals urkundlich erwähnt. Die Gründerfamilie hieß von Krassow - ein Rüganer Adelsgeschlecht, das später auch auf internationalem Parkett reüssieren sollte.  Sie existierte bis weit in das 19. Jahrhundert hinein und behielt über fast sechs Jahrhunderte die Pansevitz als den Familiensitz. 

 

 

 

 

Die Pansevitz wächst und vergeht - und wächst wieder

 

Etwa in der Mitte des 16. Jahrhunderts beginnt der weitere Ausbau der Pansevitz. Der Bau eines großen Haupthauses wird veranlasst. Das Unterfangen nimmt vermutlich etwa vier Jahrzehnte in Anspruch - erst 1597 ist das Ende des Ausbaus verbrieft. Was bis 1720 geschah, ließ sich bei meiner Recherche nicht herausfinden, aber es müssen große Zerstörungen stattgefunden haben. Die offizielle Seite der Pansevitz spricht nämlich davon, dass das Haus 1720 wieder aufgebaut wird. Was ist also passiert? Meine Theorie lautet, dass während des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648) mit seinen zahlreichen Frontverschiebungen es nicht auszuschließen ist, dass einige Verheerungen auch das alte Schloss überzogen. Ob das so stimmt, kann ich natürlich nicht belegen!

 

 

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Die Ruine eines Turms des ehemaligen Haupthauses der Pansevitz.

 

 

Von Krassow und die Schwedische Krone

 

Gleichzeitig erlebte die Familie von Krassow ihren historischen Höhepunkt: sie wurde in den schwedischen Ritterstand erhoben. Die schwedische Krone war ohnehin schon lange eine wichtige Kraft im Ostseeraum, was natürlich zu Konflikten mit anderen Mächten führte. Das alles kulminierte im Großen Nordischen Krieg (1700 - 1715), in dem sich die von Krassows auf schwedischer Seite beteiligten. Als Lohn für diesen Einsatz wurde sie in den Ritterstand erhoben. 

 

Die Pansevitz wurde in den Jahren nach dem Großen Nordischen Krieg um ein Kavaliershaus erweitert. Dieser Gebäudetyp war ein ganz typisches Bauwerk für die Zeit des Barock und ist auf jeder größeren Schlossanlage zu finden. Anders als der Name vermuten lässt, bewohnten es nicht besonders höfliche Gäste. Ursprünglich waren hier nämlich nur die Ritter untergebracht (frz. 'chevalier' = 'Reiter'), später lebten viele höhergestellte Mitglieder des Hofstaates oder Gäste im Kavaliershaus. Parallel wurde mit dem Ausbau des Schlossparks mit seinen vier Teichen begonnen. Die Anlage ist heute wieder das Juwel der Pansevitz. 

 

 

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Das sanierte und bewohnte Kavalerishaus heute.

 

 

Umwälzungen des 19. Jahrhunderts

 

Das 19. Jahrhundert brachte fundamentale Umwälzungen mit sich. Ein letzter gesellschaftlicher Höhepunkt der von Krassows war zweifelsohne die Erhebung in den schwedischen Grafenstand - der Lohn für viele Jahre des Dienstes für die schwedische Krone. Gut zwei Jahrzehnte später wurde im Jahre 1859 das Haupthaus der Pansevitz erweitert und umgebaut. Die Arbeiten dauerten bis in das Jahr 1870.

 

Was jedoch viel wichtiger war: 1861 endete ein wichtiger Teil der Linie der von Krassows und die Pansevitz wechselte den Besitzer. Luise von Krassow heiratete Edzard zu Innhausen und Knyphausen, ein Angehöriger eines (wenn nicht DEM) friesischen Uradelsgeschlechtes. Nun galten sie als Bewohner der Pansevitz. Mit dem Tod von Carl Reinhold von Krassow im Jahre 1892 erlosch die alte rügische Adelsfamilie. Damit konnte der Name nicht mehr weitervererbt werden.

 

 

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Fotofreunde Stralsund: Gruppenbild mit Schatten.

 

 

Das verheerende 20. Jahrhundert

 

Das folgende Jahrhundert brachte die katastrophalen Weltkriege über die Welt. Während ringsherum bildlich gesprochen die Welt unterging, blieb das Schloss Pansevitz wie durch ein Wunder verschont. Vermutlich ist das "Wunder" einfach nur die rural-periphere Lage, weswegen es ja bis heute ein eher verstecktes Juwel der Insel ist. 

 

Jetzt fragt ihr euch, warum die Pansevitz denn heutzutage eine Ruine ist? Das liegt an der Nachkriegszeit ab 1945. Nachdem die Familie Innhausen und Knyphausen durch die sowjetischen Besatzer enteignet wurden, bewohnten Offiziere, aber auch Bürger die Anlagen. Da es aber nicht im Interesse der kommunistischen Diktatur lag, solche alten Gebäude zu erhalten, verfielen immer größere Teile des uralten Schlosses. Damit kamen die Bewohner umliegender Dörfer, die die mittlerweile quasi-Ruine als "Steinbruch" für Baumaterial nutzten und Stück für Stück abtrugen. Einzig das Kavaliershaus war noch bis in die 1980er-Jahre bewohnt. 

 

 

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Im Schlosspark Pansevitz.

 

 

Die "Wiedergeburt"

 

Nach der Wende passierte noch einige Jahre nichts in Sachen Pansevitz. Im Jahre 1999 taten sich die Allianz-Stiftung und die Familie Innhausen und Knyphausen zusammen, um die Reste des Schlosses zu erhalten. Privates Vermögen wurde eingesetzt, um die Anlage wieder herzurichten. Die völlig verlandeten Teiche des Parks wurden von über 14.000m³ Schlamm befreit, die Ruinen gesichert. Der Park insgesamt wurde gärtnerisch hergerichtet, mittlerweile schmücken sogar viele Kunstwerke die Anlage. Seit 2006 wird der Park als Friedwald genutzt. Der Gedanke dahinter ist, dass die Toten diesen Ort für die Lebenden erhalten - ein sehr schöner, meiner Meinung nach! Zu guter Letzt wurde 2009 die Treppe zum Turm installiert, von wo aus ein wunderschöner Blick über den Park möglich ist. Wenn ihr dort seid, ist der Ausblick absolute Pflicht!

 

 

 

Was bleibt?

 

Die Pansevitz wird umweht von Geschichte, Hoffnung, Tragik, Vergänglichkeit - und nicht zuletzt Tatkraft. Siebenhundert Jahre Geschichte haben diesen Ort geprägt. Tragisch ist natürlich der aus heutiger Sicht unnötige Verfall. Allerdings - ist man sich sicher, dass man in Zeiten des Mangels anders gehandelt hätte? Wenn Baumaterial knapp ist, sieht man eben zu, woher man es bekommt. Die Relationen verschieben sich dann. Hoffnung und Tatkraft strahlt die kreative Restauration der Anlage aus. Anerkennend, dass hier nie wieder das alte Schloss stehen kann und wird, wurde im Park angepackt und mit dem Friedwald ein ganz neuer Sinn für die Pansevitz gestiftet. Fernab des Trubels auf der Touristeninsel Rügen könnt ihr hier echte Ruhe finden. Und vielleicht besucht ihr den Ort nach dem diesem Blogpost einmal und könnt in die lange, lange Geschichte hineinspüren. Als Ausflugsziel wird die Schlossruine von mir wirklich wärmstens empfohlen!

 

 

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Ausblick vom Turm des ehemaligen Haupthauses Pansevitz.

 

 

Wie sieht's bei euch aus - kennt ihr noch weitere solche kleinen Perlen, bei denen ein Besuch defintiv lohnt? Wenn ja, ab in die Kommentare damit!

 

Bis zum nächsten Mal und bis dahin eine schöne Zeit wünscht

 

Felix

HEIMATLICHT:MV

 

Linkliste:

 

Stiftung Schlosspark Pansevitz

Wikipedia - Pansevitz

Wikipedia - Von Krassow

Heimatlicht:MV - Die Alte Welt I

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